– Vortrag zur Situation der Christen in der Türkei –
Rund 80 Besucher waren am 27. Februar in das Martin Luther Forum gekommen, um an der Veranstaltung “Erfahrungen mit dem christlich-islamischen Dialog in der Türkei” teilzunehmen, zu der die VHS, der Freundeskreis Gladbeck-Alanya und das Martin Luther Forum Ruhr eingeladen hatten. Zu Gast war dort Ursula August, die von 2011 bis 2017 als Pfarrerin in der “Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache” in Istanbul gearbeitet hat. Sie berichtete, wie sie in dieser Zeit in gutem Auskommen Tür an Tür mit ihren muslimischen Nachbarn lebte, eingebunden in die Ökumene mit den anderen Kirchen in der Türkei. Überrascht waren die Zuhörer, dass die evangelische Gemeinde bereits 1843 gegründet wurde, als Deutschland noch ein Auswanderungsland war und allgemein welch intensive Beziehungen es zwischen Deutschland und der Türkei über die lange Zeit gegeben hat. Heute als kleine Minderheit in der großen islamischen Mehrheitsgesellschaft gebe es für die christlichen Kirchen keine echte Gleichberechtigung in der Türkei, es sei aber ein durchaus lebendiges Gemeindeleben möglich, insbesondere in der großen Metropole Istanbul, aber auch in Gladbecks Partnerstadt Alanya. Seit dem Putschversuch in der Türkei von Teilen des Militärs im Juli 2016 sei das Verhältnis zum türkischen Staat allerdings deutlich schwieriger geworden, weil den christlichen Gemeinden eine Sympathie und gar Unterstützung für die vom Staat als terroristisch eingestufte Gülen-Bewegung unterstellt werde. Verschwörungstheorien gegenüber dem christlichen Westen, der USA oder Israel führten dazu, dass sie sich zurückziehen und schweigen. Dadurch sei auch der christlich-islamische Dialog innerhalb der Türkei belastet.
In der anschließenden lebhaften Diskussion wurde deutlich, dass sich die innertürkische Entwicklung hin zu einer autokratischen Gesellschaft auch auf die Situation in Deutschland auswirkt. Hier sei der interregliöse Dialog mit den Moscheegemeinden unterbrochen, so auch in Gladbeck. Trotzdem forderte Pfarrerin August zum Ende des Abends die Anwesenden auf, trotz aller Schwierigkeiten den Dialog fortzusetzen, weil es keine Alternative zum Gespräch gebe. Türkeistämmige Muslime hätten auch ihr gesagt, dass die Gesellschaft sie dabei unterstützen müsse, die Spaltung in der Community zu überwinden. Es müssten auch neue Formen des christlich-islamischen Dialogs gefunden werden. Nicht nur mit den Vertretern der großen konservativen Verbände solle man das Gespräch führen, sondern auch die liberalen und kritischen Muslime und Zuwanderer müsse man man in den Dialog einbinden und ihnen eine Stimme geben. Ausgrenzern und Denunziererern, weil man eine andere Meinung vertrete, müsse man klare Grenzen aufzeigen.